Einleitungsrede der Hauptkoordinatorin zur 5. Weltkonferenz
Liebe Genossinnen und Genossen,
es ist mir eine große Ehre und Freude, die 5. Weltkonferenz der ICOR im Namen des ICC zu eröffnen. Wenn ich hier in die Runde schaue ist es bereits wie eine kleine Reise in die revolutionäre Bewegung der Welt. … Nach diesen Tagen werden wir gestärkt und mit einem großen Erkenntnisfortschritt in aller Welt gehen: was bedeuten Lenins Lehren heute für den marxistisch-leninistischen Parteiaufbau, für die Beurteilung des imperialistischen Weltsystems, für unsere notwendige Strategie und Taktik im erfolgreichen Kampf um die einzige Zukunftsperspektive des Sozialismus und Kommunismus.
Ich freue mich sehr, Delegierte von 32 Organisationen aus 25 Ländern begrüßen zu können! Ihr repräsentiert einen gewaltigen Schatz an theoretischen Kenntnissen, praktischen Erfahrungen, an Kampfmoral, an Kultur, oftmals auch an Todesverachtung in eurer Arbeit.
Neu ist auch, dass wir Gäste eingeladen haben. Sie repräsentieren revolutionäre Kräfte außerhalb der ICOR, die unsere unverzichtbaren Mitstreiter, Freunde oder auch Kritiker sind. …
Nicht zuletzt haben wir zu dieser Eröffnung Delegierte unserer vielen Brigadisten und Helfer eingeladen, ohne die diese Konferenz gar nicht stattfinden könnte. Herzlichen Dank an euch!
Ihr alle seid die Lebenden, die dem Imperialismus auf der ganzen Welt den Kampf angesagt haben und die den Weg zum Sozialismus und Kommunismus erkämpfen wollen. Aber wir alle stehen auch auf den Schultern der Toten, der ermordeten Märtyrer – auf den Schultern unserer Vorbilder. Jede Organisation konnte beispielhaft für sie alle einen Verstorbenen oder Ermordeten der letzten Jahre benennen. Sie werden euch nun vorgestellt von denen, die die Fackel weitertragen werden: unserer revolutionären Jugend. Ich bitte euch, euch von euren Plätzen zu erheben.
(…)
Liebe Genossinnen und Genossen,
Mit dieser Würdigung unserer Verstorbenen gehen wir auch eine Verpflichtung ein: wir werden euren Weg weitergehen, wir werden euren Kampf fortsetzen und wir werden euch nicht vergessen!
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir können stolz sein auf 14 Jahre ICOR-Aufbau und die erfolgreiche Arbeit der letzten drei Jahre. Das imperialistische Weltsystem stürzt die Menschheit in lebensgefährliche, existenzbedrohende Krisen: eine anschwellende Tendenz zum Faschismus, die Gefahr eines dritten Weltkriegs und den Beginn der globalen Umweltkatastrophe. Sie stellen die Menschheit vor die historische Alternative: Untergang in der imperialistischen, kapitalistischen Barbarei oder vorwärts zum Sozialismus und Kommunismus, trotz aller Schwierigkeiten.
Die ICOR hat im Prozess der Neuformierung und Neuorientierung der internationalen revolutionären und Arbeiterbewegung eine klare revolutionäre Orientierung gegeben. Sie hat über 14 Jahre klaren Kurs gehalten. Sie repräsentiert eine neuartige revolutionäre Organisationsform: aufgrund des relevanten ideologisch-politischen Minimalkonsenses die 80 % Gemeinsamkeit bezogen auf die praktischen Arbeit im Klassenkampf und in der Vorbereitung der internationalen Revolution ins Zentrum zu stellen. Dabei eine enge Zusammenarbeit und ein Vertrauensverhältnis zu entwickeln, das wiederum die Basis für die Klärung der 20 % an Differenzen ermöglicht, ebenso wie die Vereinheitlichung über neue Entwicklungen. Dieser Grundgedanke ist auch Erfolgsrezept für die Zukunft!
Trotzdem hat die ICOR große Aufgaben und Herausforderungen vor sich:
bei aller Klarheit, Geschlossenheit, proletarischen Streitkultur und anziehenden gemeinsamen Praxis ist sie im Weltmaßstab gesehen objektiv noch eine relativ kleine Kraft. Sie hat noch viel Arbeit vor sich, bis – auf der Grundlage der objektiven Entwicklung – wirklich eine prägende revolutionäre Weltbewegung entsteht.
Die marxistisch-leninistischen Parteien der Welt sind objektiv in ihrem Fundament des wissenschaftlichen Sozialismus den herrschenden Mächten der Welt haushoch überlegen. Aber in der Regel sind sie auch noch relativ gesehen klein, haben noch keinen gesamtgesellschaftlich prägenden Einfluss. Nur starke, gestählte, fest in den Massen verankerte Parteien können jedoch die Arbeiterklasse und die breiten Massen in den kommenden revolutionären Entwicklungen zielstrebig zur revolutionären Veränderung und zum Aufbau des Sozialismus und Kommunismus führen.
Objektiv ist das imperialistische Weltsystem dem Untergang geweiht und dem Sozialismus gehört die Zukunft –deshalb suchen immer mehr Menschen nach einer gesellschaftlichen Alternative. Auf diese wachsende Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative, die ICOR-Organisationen überall erleben, versuchen die Herrschenden massiv Einfluss zu nehmen, um sie in andere Bahnen zu lenken.
Es ist eine zentrale Aufgabe unserer gemeinsamen Tage hier, den Erkenntnisfortschritt für die Lösung dieser Widersprüche erheblich voranzutreiben. Dazu müssen wir noch klarer den revolutionären Weg und Fortschritt in unserer Strategie und Taktik, in der Bewusstseinsbildung, im Kampf um die Denkweise der Massen diskutieren, voneinander lernen und uns einig werden. Denn letztlich müssen wir klarer, stärker, besser organisiert sein als unsere mächtigen Gegner. Nur so werden wir zu einer dem Imperialismus überlegenen Kraft!
Der Rechenschaftsbericht des ICC – den ihr ja alle schon bekommen und studiert habt – legt vor allem über die Entwicklung der Arbeit der ICOR und des ICC Rechenschaft ab. Diese Einleitungsrede wiederum soll als Anregung dienen für die Diskussion und Verständigung über die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Welt. Traditionell ist vereinbart, dass die Verantwortung für sie bei der Hauptkoordinatorin liegt. D. h., dass in ihr nicht nur die schon vereinheitlichten Positionen der ICOR, sondern als Impuls für eine kontroverse Diskussion durchaus auch die als solche gekennzeichneten persönlichen Einschätzungen zur Diskussion gestellt werden. Ebenfalls stelle ich euch zum besseren Verständnis der Entwicklung und des Standes der ICOR freimütig einige Differenzen in unseren Einschätzungen dar. Sie zu diskutieren und möglichst zu klären ist zweifellos eine wichtige Aufgabe der nächsten Zeit.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Was sind nun die wirtschaftlichen und politischen Grundlagen der fortschreitenden Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems? Schon Karl Marx benannte als tiefste ökonomische Krisenursache die Überakkumulation des Kapitals. Vereinfacht könnten wir sagen: der Kapitalismus bringt Krisen und wachsendes Massenelend hervor, weil es zu viel Reichtum gibt.
Die letzte, bis dahin tiefste und allseitigste Weltwirtschafts- und Finanzkrise des kapitalistischen Weltsystems dauerte von 2008 bis 2014. Sie konnte das internationale Finanzkapital nur überwinden, weil die größten Monopole ihr überschüssiges Kapital in andere Länder verschoben, um die Arbeiter und die Natur der ganzen Welt für ihre Macht und Profit auszubeuten. Auf der Grundlage der Herausbildung dieser Monopole, dieses Kapitalexports und der Entwicklung staatsmonopolistischer Strukturen in den Ursprungsländern entstehen – so meine persönliche Meinung – die schon »berühmten« heftig umstrittenen neuimperialistischen Länder unterschiedlichen Gewichts und Ausprägung. Sie treten in heftigen Konkurrenzkampf zu den »alten« imperialistischen Ländern. Diese ungleichmäßige Entwicklung im imperialistischen Weltsystem ist eine Quelle der Häufung von Kriegen und Vertiefung der Krisen im imperialistischen Weltsystem. So entstand nach unserer Analyse nach 2014 bereits 2018 die bis heute anhaltende nächste Weltwirtschaft- und Finanzkrise.
Die treffende Charakterisierung der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung auf der Welt sowie des eigenen Landes ist aus meiner Sicht eine Schlüsselfrage, um die Strategie und Taktik richtig zu bestimmen, die Partei aufzubauen, die führende Rolle der Arbeiterklasse herauszubilden und sich mit den Arbeitern und den kämpfenden Massen auf der ganzen Welt zu verbinden.
Während die seit Beginn dieses Jahrtausends entfaltete Internationalisierung der kapitalistischen Produktion nicht wieder„rückabgewickelt“ werden kann und alle internationalen Übermonopole darauf nicht verzichten können – wird in der internationalen Rechtsentwicklung die gegenseitige Abschottung mit aggressivem Chauvinismus propagiert. So sind „USA zuerst“ oder „Europa zuerst“ Rechtfertigungen für gigantische Subventionen an die jeweiligen Monopole. Aber diese steigern die Staatsverschuldung und blähen die Überakkumulation des Kapitals weiter auf. Die zur zeitweiligen Überwindung der Krise notwendige gewaltige Kapitalvernichtung wird bisher durch die Krisenprogramme im Interesse der Monopole ausgebremst und so gemessen an den schrumpfenden Märkten neue Überkapazitäten aufgebaut. Ein heftiger Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen imperialistischen Mächten ist entbrannt, bei dem sich durchaus die Gewichte verschoben haben.
Die Industrieproduktion der USA im Vergleich zum Vorkrisenstand im ersten Quartal 2018 im ersten Quartal 2024 bei 99,4 Prozent, die EU bei 99,1 Prozent. Japan und Deutschland kommen gerade mal knapp über 86 Prozent. China lag 2023 dagegen bei 126,8 Prozent des Vorkrisenstands, Indien bei 111,7 und Russland bei 109,8 Prozent.1
Aber auch in den aus meiner Sicht neuimperialistischen Mächten, die die Nase vorn haben ist die Situation alles andere als stabil.
China steckt selbst in Krisenerscheinungen. Die aufgeblähte Immobilienspekulation droht zu platzen, der Immobiliengigant Evergrande steht trotz Staatshilfe in Milliardenhöhe vor der Auflösung. Die Hoffnungen vieler Angehöriger der Mittelschichten auf eigene Wohnungen platzen. Eine Jugendarbeitslosigkeit von über 20 Prozent zeigt die Perspektivlosigkeit. Die Klassenwidersprüche in China, das sich grob irreführend immer noch sozialistisch nennt, brechen auch dort immer offenkundiger auf.
Weil das überschüssige Kapital keine Maximalprofit versprechenden Anlagemöglichkeiten findet, geht es in die Spekulationen und in die Börsen. In den letzten beiden Jahren führte die ausuferende Spekulation auch in der Öl- und Rohstoffförderung rund um den Globus zu einer massiven Inflation, die in immer mehr Ländern die Massen in die Armut trieb – und auf der anderen Seite bei einigen wenigen Spitzen des internationalen Finanzkapitals und einer wachsenden Zahl von Multimilliardären einen gigantischen Reichtum anhäufte.
Ende 2023 erreichten die weltweiten Börsenwerte das 4,5-fache der in der Krise sinkenden Industrieproduktion. Aber die Börsenrally mit überakkumuliertem, nicht anlagefähigem Kapital kann auch sehr plötzlich in der ganzen eng vernetzten Finanzwelt in den Crash einer weltweitenBörsenkrisemünden und das ganze Weltwirtschaftssystem erschüttern.
Eng durchdrungen mit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise sindStrukturkrisen im Bereich der Umstellung auf E-Mobilität, der Wasserstoffproduktion und der Digitalisierung. Dieseerfasst und vernetzt heute weltweit zunehmend alle Bereiche in Produktion, Handel, Verwaltung, Bildung, Kommunikation, Medien und der ganzen Gesellschaft.
Die neue Stufe der Digitalisierung mit KI (Künstlicher Intelligenz) als Zukunftshoffnung für die Weltwirtschaft bekam jüngst mit dem Beben des kurzzeitigen Zusammenbruchs der weltweiten digitalen Vernetzung am 19. Juli erste Risse. Die digitale Vernetzung eröffnet natürlich auch für die fortschrittlichen und revolutionären Bewegungen enorme Möglichkeiten, die man nutzen muss. Ein falsches Vertrauen in sie kann aber verheerende schädliche Folgen haben.
Die Umstellung auf E-Mobilität könnte auch ein Programm für die Verminderung der fossilen Verbrennung und zum Schutz der natürlichen Umwelt sein. Aber unter kapitalistischem Vorzeichen steigert sich dadurch nur die Vernichtungsschlacht der beteiligten Monopole die Konkurrenz zwischen den Ländern. Die USA – und als Nachahmer die EU – legen riesige Zollforderungen zur Abwehr massenhafter Importe von E-Autos aus China auf. Für die Automobilarbeiterinnen und -arbeiter der Welt steht auch im „Automobilland“ Deutschland eine Welle der Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Schließung ganzer Werke an.
Zusammen mit seinem Vorgänger Donald Trump hat US-Präsident Joe Biden rund 3 Billionen US-Dollar in die Wirtschaft gepumpt. Die USAhaben dadurch ihre Wirtschaft im internationalen Konkurrenzkampf teilweise erheblich gestärkt.
Konkurrenzverhältnis und veränderte Kräfteverhältnisse spiegeln sich auch beimAnteil der einzelnen Imperialisten an den weltweit 500 beherrschenden internationalen Übermonopolenwider.
China hatte 2020 erstmals die Supermacht USA überholt mit 135 zu 122. Das schaffte -der US-Imperialismus inzwischen wieder umzukehren. 2023 waren es 139 US-Monopole gegenüber 127 chinesischen. Diese Monopole profitieren am meisten von den staatlichen Krisenprogrammen.
Dafür stieg die weltweiteStaatsverschuldungin Verbindung mit den verheerendenVerschuldungskrisender neokolonial abhängigen Länder auf die Summe von 97 Billionen US-Dollar. Damit werden die Krisenlasten auf die kommenden Jahre geschoben mit dramatischen Folgen für die Massen bis zum drohenden Staatsbankrott.
Die einzige weltweit boomende Branche ist dieRüstungsproduktion. Sie stieg 2023 auf 2,4 Billionen USDollar und damit auf 10,5 Prozent der Industrieproduktion.2Die Vernichtung von Waffen, in den imperialistischen Kriegen ist letztlich eine staatlich finanzierte Kapitalvernichtung als sprudelnde Profitquelle – bezahlt mit dem Leben Hunderttausender.
Liebe Genossinnen und Genossen,
angesichts allein dieser Vielfalt der ökonomischen Krisen – Überproduktionskrisen, Strukturkrisen, Verschuldungskrisen, Börsenkrisen – ist der Satz aus dem Kommunistischen Manifest hochaktuell: Karl Marx und Friedrich Engels schrieben: »Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? ... Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert«.
Liebe Genossinnen und Genossen!
In der ICOR gibt es eine große Vereinheitlichung darüber, dass Imperialismus Krieg bedeutet. So heißt es in der ICOR-Resolution zum Antikriegstag 2024:
»Die Klassiker des Marxismus-Leninismus haben überzeugend die Unvermeidlichkeit von Kriegenim Kapitalismus bewiesen. Angetrieben vom Streben nach maximalem Profit und Kapitalexport kämpfen die imperialistischen Länder, die den Planeten beherrschen, untereinander für eine Neuaufteilung der Welt. … wodurch die Gefahr entsteht, dass lokale Kriege gegen unterdrückte Länder zu einem imperialistischen Weltkrieg eskalieren.«
Zur weiteren Vereinheitlichung innerhalb der ICOR, aber auch zur weiteren internationalen Auseinandersetzung sind Lenins Lehren über die Unvermeidlichkeit, ja Häufung imperialistischer Kriege sehr bedeutsam. Zum vierten Jahrestag der Oktoberrevolution erklärt er:
»Die Frage der imperialistischen Kriege, jener heute in der ganzen Welt vorherrschenden internationalen Politik des Finanzkapitals, die unvermeidlich neue imperialistische Kriege erzeugt, unvermeidlich eine unerhörte Verstärkung der nationalen Unterdrückung, der Plünderung, Ausraubung, Erdrosselung der schwachen, rückständigen, kleinen Völkerschaften durch eine Handvoll ›fortgeschrittener‹ Mächte mit sich bringt – diese Frage ist seit 1914 zum Eckstein der gesamten Politik aller Länder des Erdballs geworden. Es ist das für Millionen und aber Millionen Menschen eine Frage von Leben und Tod.« (Lenin Werke Bd. 33, S.35)
Heute haben diese »unvermeidlichen« Kriege allerdings eine Dimension, die die Vernichtung der ganzen Menschheit zur Folge haben könnten. Beim Genozid in Gaza wurden bisher mehr als 40.000 Menschen brutal ermordet, etwa 100.000 verletzt und die Infrastruktur ist komplett zusammen gebrochen. Kein funktionierendes Krankenhaus, keine Schule bestehen noch und die Umweltzerstörung wird gezielt als Kriegswaffe eingesetzt. Es gibt keinen Tropfen sauberes Wasser mehr und 370.000 Wohnungen sind zerstört. Polio, Cholera und andere Krankheiten grassieren. Die UNICEF attestierte, dass es künftig kaum möglich sein wird, gesund im Gaza-Streifen zu leben oder Landwirtschaft zu betreiben. Ständige Vertreibungen zermürben die Menschen dort. All das ist Bestandteil des systematischen Genozid als vorläufiger Höhepunkt von über 70 Jahren Vertreibung, Unterdrückung und Drangsalierung.
Eine Kontroverse in der ICOR bezieht sich nach wie vor darauf, wie die verschiedenen Kräfte der palästinensischen Bewegung einzuschätzen sind. Das bezieht sich insbesondere auf Hamas und Islamischen Dschihad. Hier reicht die Bewertung bis hin zu „faschistisch“ und „nicht dem Befreiungskampf“ zuzurechnen. Auch bei gemeinsamer Bewertung als reaktionär bezieht sich die Kontroverse auf die Frage, ob man sie öffentlich kritisieren soll in dieser zugespitzten Situation des palästinensischen Befreiungskampfes obwohl die PFLP, DFLP und andere linke Kräfte im bewaffneten Befreiungskampf mit diesen religiösen Kräften zusammenarbeiten. In unserer Resolution vom 1. Januar 2024 haben wir als Minimalkonsens formuliert:»Wir unterstützen grundsätzlich den palästinensischen Widerstand, trotz unserer Kritik an den politischen und ideologischen Alternativen der islamistischen Kräfte.« Seitdem hat die ICOR weitere kraftvolle Resolutionen verabschiedet. Die Resolution zur Stärkung demokratischer und säkularer Kräfte im palästinensischen Befreiungskampf ruft auch dazu auf, in Gaza nach dem Vorbild der ICOR-Brigaden in Kobanê ein Krankenhaus aufzubauen, sobald der Krieg zu Ende ist, aber wir sollten noch viel mehr tun, die Solidarität zu entwickeln.
Im Sudan sind sogar 60.000 Flüchtlinge aus Flüchtlingscamps geflüchtet, um dem Krieg zwischen der RSF-Miliz und der Regierung zu entkommen. Neue kriegerische Allianzen werden geschmiedet: So unterstützen der Iran und Saudi-Arabien die Regierung im Sudan, während sie im Jemen gegenseitige Militärbündnisse instrumentalisieren. Diese stehen auch im Fokus des Krieges von Israel gegen die Palästinenser; die USA und Israel haben begonnen die Huthi-Milizen zu beschießen. Im Kampf um Einflusssphären im südchinesischen Meer mischen China und die USA mit und rund um die Philippinen erhöht China den militärischen Druck. Auch in Taiwan stehen sich China und die USA direkt militärisch gegenüber.
Wir standen noch nie so nah an einem Dritten Weltkrieg wie heute, angesichts der Auseinandersetzung zwischen der NATO und der Ukraine auf der einen Seite, und Russland auf der anderen Seite. In dieser Konfrontation findet eine beständige Verschärfung statt von beiden Seiten. Ein offener offizieller Krieg zwischen NATO und Russland wird – und damit wird von beiden Seiten schon gedroht – zu einem atomaren Weltkrieg führen. Hier gibt es teils Kontroversen in der ICOR, ob denn nicht dieser europäische Kriegsschauplatz überbewertet werde.
Diese meines Erachtens akute Gefahr eines Weltkriegs erhöht sich durch die Geländegewinne Russlands im Südosten der Ukraine, die immer wieder von unklarer Urheberschaft erfolgten Angriffe auf Atomkraftwerke und die Angriffe der Ukraine auf das Staatsgebiet Russlands bis nach Moskau mit den Distanzwaffen der NATO. Die internationale revolutionäre Friedens- und Arbeiterbewegung ist hier dringend gefordert, aber zugleich gespalten wie nie: Zum Teil wird Russland im Kampf gegen die Ukraine unterstützt mit der Begründung des Stellvertreterkrieges der Ukraine für die NATO und ihre systematische provokative Osterweiterung gegen Russland. Andere betonen das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands und lehnen die Kritik an der Regierung Selenskyj zu diesem Zeitpunkt ab. In unseren Resolutionen zu diesem Krieg haben wir klar beide Seiten als imperialistisch motiviert charakterisiert, die Solidarität mit den Arbeitern und den Volksmassen beider Länder erklärt, die Forderung »Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter« proklamiert und den gemeinsamen Kampf um eine befreite sozialistische Welt propagiert.
Auch in der Einschätzung der Rolle des Iran haben wir kontroverse Diskussionen. Die Positionen reichen von der Einschätzung eines neuimperialistischen, faschistischen Charakters bis zu der Einschätzung eines antiimperialistischen Charakters, weil er sich gegen die USA richtet und den palästinensischen Befreiungskampf unterstützt. In unserer Resolution vom 29.11.2022 zur Solidaritätskampagne mit dem Arbeiter- und Volksaufstand im Iran haben wir richtigerweise die kontroversen Positionen publiziert und zur Diskussion und Klärung aufgerufen. Trotz der Differenzen fand auch diese Resolution folgenden Konsens:»Ein Staat sollte demokratische Rechte und Freiheiten für die Menschen gewähren und sie vor religiöser Bevormundung per Zwang schützen. … Nieder mit dem Mullah-Regime! Für eine demokratisch-antifaschistische Revolution im Iran auf dem Weg zum Sozialismus!«
Lasst uns noch bestehende Differenzen offen zum Thema machen, sachlich diskutieren und möglichst austragen – bzw. auf jeden Fall auf der Grundlage unserer Gemeinsamkeit, dem proletarischen Internationalismus, voll zum Tragen bringen.
So krass diese Entwicklungen sind, so wenig breitet sich automatisch unter den Massen ein antiimperialistisches Bewusstsein und die Klarheit über ihren imperialistischen Gegner aus. Wir müssen weiterhin die Bewusstseinsbildung über den Charakter imperialistischer Kriege und die Berechtigung von Befreiungskriegen vorantreiben. Hand in Hand mit der faschistischen Tendenz wächst auch die Tendenz zu Chauvinismus bzw. fortschrittlich verbrämtem Sozialchauvinismus – also Hand in Hand mit der eigenen Bourgeoisie zu kämpfen. Lenin lehrt uns, eine klare Haltung zur sogenannten «Vaterlandsverteidigung« einzunehmen:
»Was ist – allgemein gesprochen – ›Vaterlandsverteidigung‹? Ist das ein wissenschaftlicher Begriff der Ökonomie, der Politik oder dgl.? Nein. Das ist einfach der verbreitetste, gebräuchlichste, manchmal einfach spießbürgerliche Ausdruck für die Rechtfertigung eines Krieges. Sonst nichts, sonst absolut nichts!« (Lenin-Werke Bd.23, S.23)
Die verschiedensten Schattierungen der bürgerlichen Ideologie versuchen in die Köpfe und Herzen der Massen immer wieder Berechtigungen für die imperialistischen Kriege einzupflanzen oder aber die pazifistische Illusion, die Wurzel der Kriege könnte ohne Revolution ausgerottet werden. Lenin dagegen lehrt:
»Erst nachdem wir die Bourgeoisie in der ganzen Welt, und nicht nur in einem Lande niedergeworfen, vollständig besiegt und expropriiert haben, werden Kriege unmöglich werden.« (Lenin Werke Bd.23,S.74)
Liebe Genossinnen und Genossen!
Dieinternationale Tendenz zu Faschismus und Rechtsentwicklungverschärft und verbreitert sich. Neun der G20-Staaten haben derzeit faschistische, faschistoide oder offen reaktionäre Regierungen.3Dort leben immerhin 45,7% der Weltbevölkerung. In Indien forciert die faschistische Modi-Regierung Hetze bis zu staatlich geduldeten faschistischen Pogromen gegen die muslimische Bevölkerung. In der Türkei verurteilten Gerichte des Erdogan-Regimes fortschrittliche und revolutionäre Politiker, darunter gewählte Parlamentsabgeordnete aufgrund ihrer Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf zu 42 Jahren Haft. Der argentinische Präsident Milei verfolgt ein faschistisches Programm mit aggressivem Antikommunismus als Kern. Er leugnet die Klimakrise und nennt sie eine „sozialistische Lüge“. Unter Netanjahu wirkt in Israel ein faschistisch-imperialistisches Kriegsregime mit einem Völkermord gegenüber den Palästinensern. In den USA haben die Republikaner den Faschisten Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt.In sechs Ländern in Europa sind faschistische Parteien bei den Europawahlen im Juni 2024 stärkste Kraft geworden. Bei den Landtagswahlen in Thüringen/Deutschland am 1.9.2024 wurde erstmals in der Nachkriegsgeschichte mit der AfD eine faschistische Partei mit 32,9% stärkste Kraft.
Für seinen verschärften imperialistischen Konkurrenzkampf und für die Weltkriegsvorbereitung braucht das internationale Finanzkapital eine reaktionäre Massenbasis, Feindbilder und die konterrevolutionäre Option des Faschismus.Stalin bezeichnete den Faschismus als „gangbarsten Modeartikel unter den kriegslüsternden bürgerlichen Politikern“ (Stalin Werke, Bd.13 S. 261)
In die weltweite Tendenz zum Faschismus reiht sich auch dieWelle der Militärputsche in Afrika, in der Sahelzone, insbesondere in Burkina Faso, Mali, Guinea Conakry, Niger und Gabun ein. Die Afrika-Konferenz Anfang Mai qualifizierte dazu berechtigt: „wurden diese neokolonialen Armeen eingerichtet, um die Gewerkschaftsbewegung und die Volkskämpfe zu unterdrücken.“
Die weltweite Tendenz zu Faschismus basiert im wesentlichen auf dreisozioökonomischen Grundlagen. Erstens einefeudale Grundlagewie mit dem Hindu-Faschismus der Modi-Regierung Indien basierend auf dem Kastensystem oder in Saudi-Arabien.
Die faschistische Diktatur in Russland oder faschistoide Regierungsmethoden in China sind hervorgegangen ausehemals sozialimperialistischen Ländern. Sie haben sich zentralistische staatsmonopolitische Strukturen zu eigen gemacht.
Drittens gibt es die Entwicklung hin zu faschistischen Regierungen ausbürgerlichen Demokratien, was wir in Italien oder USA erleben.
Diese Entwicklung ist einegroße Herausforderung an die Revolutionäre der Welt. Zuweilen dringen Unterlegenheitsgefühle, Panik oder Skepsis in die Massen vor. Alarmierend ist zweifellos auch, dass die faschistische Tendenz auch für ganze Teile der Arbeiterklasse und der Jugend zutrifft. Die betroffenen Massen durchschauen den Charakter der faschistischen Parteien noch nicht, die sich teils geschickt tarnen. Sie müssen verstehen, was Georgi Dimitroff, der damalige Generalsekretär der Kommunistischen Internationale, deutlich machte: Faschismus ist die Diktatur der„reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. (…) Das ist mittelalterliche Barbarei und Bestialität, zügellose Aggressivität gegenüber den anderen Völkern.“ (G. Dimitroff, 1935, ausgewählte Schriften, Bd.2, S.525).
Wir müssen zugleich heute aus meiner Sicht von der Entwicklung eines »modernen Faschismus« sprechen. Er ist von seinem Wesen der konterrevolutionären Hauptstoßrichtung gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung identisch mit dem Hitler-Faschismus oder anderen früher bekannten brutalsten Herrschaftsformen der Monopole. Aber er gibt und tarnt sich anders und ist komplizierter zu durchschauen und entwickelt eine ungeheure Demagogie. Faschisten inszenieren sich heute als scheinbare Opposition, als Verfechter der Demokratie und Meinungsfreiheit, als Anwälte vor allem der sozialen Interessen der sogenannten »kleinen Leute«, obwohl sie in Wirklichkeit die brutalsten Verfechter des Imperialismus sind. Sie geben sich regierungs- teils auch kapitalismuskritisch. Sie können heute ihre Irreführung millionenfach z.B. über das Internet, insbesondere soziale Medien verbreiten. Sie spielen sich als Hüter der Interessen der Arbeiterklasse auf. Dabei sind die Faschisten die größten Feinde der Arbeiterbewegung! Das »moderne« Gesicht des Faschismus zielt auch auf die Zersetzung des erwachenden Umweltbewusstseinsin der Situation der begonnenen globalen Umweltkatastrophe. Sie bekämpfen jede Umweltschutzmaßnahme unter der Losung „Klimahysterie“.
Was für Schlussfolgerungen müssen die Revolutionäre ziehen?
Die von der 4. Weltkonferenz beschlosseneKampagne zur Aufklärung über den Imperialismusschlage ich vor, zudurchdringen mit einerKampagne zur Aufklärung überden Charakter und die Strategie und Taktik des Kampfes gegenFaschismus als reaktionäre Ausgeburt des Imperialismus wie Lenin sagte»…ist unbestreitbar, daß der Imperialismus „Negation“ der Demokratie überhaupt, der ganzen Demokratie ist«(Lenin Werk Bd. 23, S. 34)
Wir müssen unbedingt den Kurs fortsetzen, denAufbau der ICOR in Wechselwirkung zur United Frontund den Aufbau vonEinheitsfronten in unseren einzelnen Ländernin Form von strategisch ausgerichteten verlässlichen Bündnissen mit der Arbeiterklasse als Führung voranzubringen. Mit der »neuen Volksfront« in Frankreich ist hier ein wichtiges, wenn auch diskussionswürdiges Exempel statuiert. Wir müssen unter allen Umständen die Spaltung der Arbeiterklasse – wie im Hitler-Faschismus zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten – verhindern und die antifaschistische Einheitsfront unter Führung der Arbeiterklasse aufbauen und stärken.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Im Aufruf der ICOR vom 20.11.2023 zum Umweltkampftag heißt es:
»Die Umweltzerstörung hat sich zum Beginn einer globalen ökologischen Katastrophe entwickelt. Schuld ist das imperialistische Weltsystem, das damit die Existenz der Arbeiterklasse und der Unterdrückten der Welt sowie aller nicht-menschlichen Lebewesen bedroht.«
Das Tempo, mit dem sich diese begonnene globale Umweltkatastrophe entwickelt, nimmt dramatische Ausmaße an.
Durch den unverminderten Anstieg der Treibhausgase, vor allem von CO2auf 421,08 ppm stieg die durchschnittliche Temperatur der Erdatmosphäre 2023 auf nahezu plus 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit.Laut dem UN-Bericht »Global Ressources Outlook 2024« ist die globale Ressourcennutzung seit 1970 von 30 Milliarden Tonnen jährlich auf das Dreieinhalbfache angestiegen auf aktuell 106 Milliarden Tonnen jährlich und außer Kontrolle. Die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen bewirkt 60 Prozent der Treibhausgas-Emissionen und 40 Prozent der Luftverschmutzung.
Die globale Klimakatastrophe forciert die Eigendynamik weiterer Merkmale der unwiderbringlichen Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen. Immer häufiger, großflächig und anhaltend auftretende Hitzewellen mit bis zu 45 Grad in Griechenland, teils über 50 Grad im Iran und im Raum Neu-Delhi von 52,3 Grad bedrohen unmittelbar das menschliche Leben und die Natur. Ertragsausfälle bei Reis, Getreide, Oliven, Kakao oder Kaffee ruinieren Bauern in Asien, Südeuropa und Westafrika und machen ganze Regionen unbewohnbar.
Die Himalaya-Gletscher, die zehn weltweit wichtige Flüsse speisen und zwei Milliarden Menschen mit Wasser versorgen, schmelzen in einem nie dagewesenen Tempo und können bis zum Jahr 2100 80 Prozent ihres Eises verlieren. Die Störung der Wasserkreisläufe mit Überschwemmungen und Trockenperioden gefährdet die Landwirtschaft, eine Trinkwasserkatastrophe droht. Durch das Abschmelzen aller Gletscher steigt der Meeresspiegel an den Küsten der 900 Inseln der Salomonen im Pazifik dreimal schneller als weltweit (7 bis 10 Millimeter pro Jahr). Die Brunnen und Felder versalzen, die Inseln versinken im Meer.
Regionale Umweltkatastrophen nehmen in neuer Quantität und Qualität zu. Im Mai 2024 waren zwei Millionen Menschen in 447 Städten im Süden Brasiliens wochenlang von meterhohen Überschwemmungen betroffen. Aufgrund der Verdoppelung der Naturkatastrophen mussten 2023 rund 26,4 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen.
Das anhaltende Ozonloch über der Antarktis wuchs im September 2023 auf Rekordgröße von 26 Millionen Quadratkilometer und trägt zum sechsten Massenaussterben in der Geschichte bei. In den Riesen-Städten in Asien überschreiten die Feinstaubwerte bis 100-fach die von der WHO festgelegten Grenzwerte durch den Individualverkehr. Hohe Luftverschmutzung in Neu-Delhi, Mumbai, Kolkata und Chennai verursacht 8 bis 11,5 Prozent aller Todesfälle.
Die Liste mit Merkmalen dieser beschleunigt sich entwickelnden globalen ökologischen Katastrophe ist bei weitem nicht vollständig und ihr werdet aus euren Ländern mehr zu berichten wissen.
Im Widerspruch zu dieser objektiven Dramatik steht, dass das Umweltbewusstsein zeitweise überlagert wird. Waren in den Jahren von 2013 bis 2022 durchschnittlich 2,3 Mio. jährlich an Umweltprotesten beteiligt, so waren es in 2023 nur rund 866.000 und in diesem Jahr bis einschließlich Juni knapp 130.000.4Das ist zwar eine Momentaufnahmen, aber die Herrschenden und insbesondere ihre faschistische Variante zielen systematisch darauf ab, die Umweltfrage im Bewusstsein der Arbeiter und Massen in den Hintergrund zu drängen. Die sogenannten »Klimaleugner« bestreiten allgemein, dass überhaupt diese globale Umweltkatastrophe von Menschenhand gemacht ist und deshalb auch von Menschenhand wieder geändert werden kann! Sie verbreiten Panik oder spielen die Dramaktik herunter, was sich im Bewusstsein der Massen unter anderem auch darin widerspiegelt, die Umweltfrage angesichts der akuten sozialen Probleme oder auch der Kriegsgefahr als weniger bedeutend einzuschätzen. Die aggressivste Leugnung der globalen Umweltkatastrophe und Umweltkrise geht dabei von der weltweiten Rechtsentwicklung der Regierungen und der davon ausgehenden faschistischen Gefahr aus. Das hinterlässt aktuell eine gefährliche Wirkung.
Die ICOR muss die Bewusstseinsbildung der Massen über die gemeinsame Wurzel von Umweltzerstörung, Faschismus und Krieg und die Identität des Kampfes dagegen voran treiben. Nur eine sozialistische Gesellschaft, in der die Paradigmen für Produktion und Verteilung auf die Einheit von Mensch und Natur ausgerichtet sind, kann den Menschen noch eine Zukunft bieten. Das Problem besteht gerade darin, dass bereits irreversible Prozesse eingetreten sind, deren Wirkung aber noch gar nicht unmittelbar für die Massen spürbar ist. Das ist auch eine materielle Grundlage dafür, dass das Umweltbewusstsein der Massen sich angesichts der unmittelbar brennender Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit und Kriegen sowie unter Einwirkung der Rechtsentwicklung und der faschistischen Demagogie zurück entwickelt hat.
Die Umweltfrage spielt meiner Meinung nach in der Praxis vieler Parteien noch eine untergeordnete Rolle, was der heutigen Dimension der Problematik nicht entspricht. Die unermüdliche Aufklärungsarbeit der Marxisten-Leninisten in Verbindung mit dem Kampf um die Rettung der Menschheit vor den verheerenden Folgen der globalen Umweltkatastrophe ist zu einer unverzichtbaren Aufgabe geworden.
Die UN-Klimakonferenz COP 29 wird im November dieses Jahr in Aserbaidschan stattfinden und wieder zur Modeschau der internationalen fossilen Monopole degenerieren. Sie wird die rücksichtslose Ausbeutung der Natur durch den Imperialismus weiter voran treiben und ihr höhere Weihen geben. Die ICOR sollte auch prüfen, zu dieser Konferenz eine Delegation zu entsenden, um in geeigneter Weise zu protestieren und neue Kontakte zu knüpfen.
Die ICOR-Resolution zum Umweltkampftag 2023 ist brandaktuell, wenn es heißt:
»Werdet aktiv auf den Straßen, in Betrieben und Wohngebieten! Protestiert vor den Zentren der Verursacher – Monopolen, Banken und imperialistischer Politik! Die revolutionäre Antwort heißt Sozialismus!«
Begehen wir tatsächlich kraftvoll und gemeinsam den ICOR-Umweltkampftag 2024 am 16. November 2024.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Die Analyse des krisengeschüttelten imperialistischen Weltsystems, bestätigen Lenins Definition des Imperialismus als sterbender Kapitalismus, als niedergehendes und von verheerenden Destruktivkräften geprägtes System. Die ICOR ist mit Lenin der Auffassung, dass die Arbeiterklasse die führende Kraft in der revolutionären Überwindung dieses imperialistischen Weltsystems ist.
Von kleinbürgerlichen und reformistischen Kräften wird die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse geleugnet und die Intellektuellen zur führenden Kraft erklärt. Postmodernisten reden gar vom »Verschwinden der Arbeiterklasse«. In bürgerlichen Statistiken nimmt der Anteil der Arbeiter ab, dagegen wird ein wachsender Sektor von „Dienstleistungen“ angeführt. Aber der Großteil dieser sogenannten „Dienstleister“ – in Transport und Verkehr, im öffentlichen Dienst, im Gesundheits- und Bildungsbereich sind in Wahrheit Arbeiterinnen und Arbeiter.
Etwa 300 bis 500 Millionen Frauen und Männer gehören zu der Schicht, die man meiner Meinung nach heute als »internationales Industrieproletariat« bezeichnen muss. Dazu gehören die miteinander verbundenen Belegschaften in den internationalen Monopolen und ihren Produktionsverbünden. Sie repräsentieren die heute fortgeschrittene Produktionsweise und sind direkter Gegenpol zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital. Sie stehen aus meiner Sicht damit an der Spitze der internationalen Arbeiterklasse. Diese internationale Arbeiterklasse ist und bleibt die entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft in der kapitalistischen Gesellschaft.
Die Bewertung der Arbeiter in den internationalen Monopolen wird durchaus in der revolutionären Bewegung kontrovers diskutiert. Aufgrund deutlich höherer Löhne und erkämpfter deutlich besserer Arbeit-und Lebensbedingungen als die Masse der Arbeiter werden sie von manchen Organisationen sogar als Arbeiteraristokratie angesehen und die Arbeit unter ihnen als untergeordnet, schwer oder sogar undurchführbar bewertet.
In den letzten zweieinhalb Jahren sind mächtige Massenbewegungen der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Jugend, der Bauern, der Frauen und auch der kleinbürgerlichen Zwischenschichten entstanden.
Der todesmutige Kampf die Jugend inBangladeschverjagte die faschistische Ministerpräsidentin Sheikh Hasina.
Der unerschrockene und erfolgreiche Kampf Hunderttausender jungerKenianerinnen und Kenianerbrachte Teiles des Diktats des IWF zu Fall und entzündete mutige Massenkämpfe in Uganda und Nigeria.
Unter der Losung»Frau, Leben, Freiheit – Nieder mit der islamischen Republik«erschütterte von Oktober bis Dezember 2022 eine breite Volksbewegung das faschistischen Mullah Regime imIran. Ihnen sind über die ganzen Jahre hunderte von bedeutenden Arbeiterkämpfen vorausgegangen.
Auch unter faschistischen Regierungen oder gar faschistischen Diktaturen wie in der Türkei wurden machtvolleArbeiterkämpfeorganisiert. In Argentinien beteiligten sich 1,5 Millionen beim Generalstreik. In Indien verbinden sichBauernkämpfe mit Arbeiterkämpfen gegen die Modi-Regierung. In der Türkei streikten Textilarbeiter bei Özak Tekstil für Gewerkschaftsrechte. Von großer Bedeutung ist in dem Zusammenhang die Internationale Automobilarbeiterkonferenz im November 2025.
Im MärzundJuli demonstrierten Abertausend inTunesien für soziale Gerechtigkeit, gegen das Diktat des IWF, für Rechte und Freiheitenverbunden mit Streiks in verschiedenen Sektoren.
Millionen kämpften in Frankreich in über einem Dutzend landesweiter Kampftage gegen die reaktionäre »Rentenreform« von Präsident Macron, der diese letztlich nur mit einer Notverordnung durchsetzen konnte und dafür bei den Europawahlen die Quittung erhielt.
Die internationale Jugendumweltbewegung»Fridays for Future«brachte Millionen auf die Straße.
Weltumspannend ist die Solidaritätsbewegung mit dempalästinensischen Volk und gegen die imperialistische Aggression Israels. Sie ist sogar seit den Protesten gegen den Vietnamkrieg die stärkste und massenhafteste Bewegung der internationalen Solidarität geworden. Wirkungsvoll und weitreichendwaren die Blockaden von Hafenarbeitern und Seeleuten gegen Waffenlieferungen für das zionistische Israel.
Über die Rolle der internationalen Arbeiterklasse für die Entwicklung und Höherentwicklung dieses weltweiten Gewoges schrieb Lenin: »Die kleinste Bewegung des Proletariats, so bescheiden sie auch am Anfang sein, von welch geringfügigen Anlass sie auch ausgelöst sein mag, droht daher unvermeidlich über ihre unmittelbaren Ziel hinauszuwachsen und zu einer unversöhnlichen, eine für die ganze alte Ordnung verheerenden Kraft zu werden5«.
Von Januar 2022 bis Anfang August 2024 erfassten unsere Analysen 1925 Streiks, Proteste, Demonstrationen der Arbeiterbewegung weltweit. Die folgenden Fakten haben wir allerdings überwiegend aus der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Presse – leider berichten die ICOR Organisationen noch viel zu wenig über die Ereignisse in ihren Ländern auf der Website. So werdet ihr sicherlich einiges zu korrigieren haben und werden die Länderberichte uns hier noch enorm bereichern. Zudem ist die bürgerliche Berichterstattung oft manipuliert. Angesichts von imperialistischer Unterdrückung Medienzensur ist die tatsächliche Zahl der Kämpfe sicherlich weit höher und die gegenseitige Information und Organisierung der Solidarität ist eine grundlegende Aufgabe der ICOR.
Auf allen Kontinenten kämpfen die Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihrenGewerkschaften, aber auch selbstständig für höhere Löhne. Im August 2022 streikende Arbeiterinnen und Arbeiter auf den TeeplantagenBangladeschs15 Tage lang für Lohnerhöhungen. 1 Million streikten im Februar 2023 in Indien für die Zahlung von Teuerungszulagen und in Indonesienim November des gleichen Jahres für die Erhöhung der Mindestlöhne. Mutig streikten im Februar 2024 inÄgypten7.000 überwiegend Textilarbeiterinnen für höhere Löhne und protestierten gegen die Inflation von 30 %.
Auf allen Kontinenten standenBergleutein diesen Kämpfen mit an der Spitze der Auseinandersetzungen. Zehn Tage streikten die Bergleute in den PhosphatminenJordaniensim Juli 2023 für höhere Löhne und setzen erfolgreich ein Maßregelungsverbot durch. In diesem und im vergangenen Jahr erstreikten Kumpels inLateinamerikahöhere Löhne in Form von höherer Gewinnbeteiligung bzw. höheren Boni. Wichtige Signale für die Höherentwicklung der Kämpfe zum Kampf gegen die Regierung setzten die zwei 24-stündigen Generalstreiks mit Millionen Beteiligten im Januar und Mai 2024 inArgentiniengegen das Krisenprogramm von Präsident Milei.
Viele Kämpfe waren verbunden mit Forderungen die für Verbesserung des Arbeitsschutzes wie im März 2024 inChileoder zur Aufklärung des Tod von Kumpels im Juni 2023 inMexiko. 23 Monate lang kämpften über 500 Kohlekumpel vonWarrior Met Coal in Alabama,USAfür die Rücknahme von im Jahr 2016 verhängten Lohnkürzungen. Ihr hartnäckiger Kampf wurde von Solidarität im ganzen Land und auch international unterstützt. Anschließend geht der Kampf weiter für die Wiedereinstellung von 41 entlassenen Gewerkschaftern dieser Zeche.
Im September 2023 wurden mit 13.000 Beteiligten erstmals alle drei namhaftenUS-Autoherstellerzusammen erfolgreich für höhere Löhne bestreikt; im folgenden Monat erstreikten 6.800 Kolleginnen und Kollegen beiStellantisin den USA höhere Löhne und Sozialleistungen.
Weltweit erkämpften sich Beschäftigte imöffentlichen Dienst, in Verwaltung und Gesundheitssystem höhere Löhne, so im April 2023 inKanada, wo sich mit 155.000 Streikenden ein Drittel aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst beteiligten.
Mut und Entschlossenheit bewiesen im Juli 2024 imIran30.000 Vertragsarbeiter in der Öl- und Gasindustrie. In einem 23 Tage langen Streik erkämpften sie höhere Löhne und Renten und bessere Arbeitsbedingungen.
InIndienfanden 2022 und 2023 Massenstreiks gegen Privatisierungspläne des Faschisten Modi statt. im Juli 2024 streikten zehntausende Eisenbahner und Beschäftigte bei der Post in Sri Lanka landesweit gegen Niedriglöhne und Arbeitsplatzvernichtung.
Im Februar 2023 streikten eine halbe Million inGroßbritanniengegen die Einschränkung des Streikrechts. Die Arbeiterkämpfe leiteten das Ende der Sunak-Regierung ein und die neue Labour-Regierung musste die Rücknahme der Einschränkung des Streikrechts versprechen. Im Februar und März 2024 streikten Hafenarbeiter inFinnlandmehr als 30 Tage lang gegen das Krisenprogramm der neuen Regierung und wandten sich auch gegen die geplante Einschränkung des Streikrechts.
Noch eine Ausnahmeerscheinung, aber ein bedeutendes Signal für die Einheit von Arbeiterbewegung und Umweltbewegung setzten im Oktober 2023 30.000 Demonstranten inPanama. Auch mit Blockaden verhinderten sie bisher die Pläne für ein Kupfertagebau des kanadischen Konzerns First Quantum Minerals. Ähnliche Bedeutung haben die nun schon Jahre andauernden Massenproteste gegen den Konzern Rio Tinto und die europäischen imperialistischen Regierungen, die in Serbien zum Preis brutaler Umweltzerstörung Lithium fördern wollen.
Auch inDeutschland erleben wir in diesem Jahr einen Aufschwung der Kämpfe. Über 5 Millionen antifaschistisch eingestellte Menschen gingen im Frühjahr auf die Straße gegen faschistische Pläne einer »Remigration«, d. h. von zigtausenden Abschiebungen von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten. Große vor allem gewerkschaftliche Streikbewegungen hatten zuvor schon Millionen Beteiligten und stärken auch den Klassenstandpunkt und die Entschlossenheit in den antifaschistischen Kämpfen. Im Moment beginnen tausende Stahlarbeiter mit erbitterten Kämpfen gegen die geplante Vernichtung von mindestens 15.000 Arbeitsplätzen und ganzen Werksschließungen.
Und die allerneuste Entwicklung ist, dass bei dem Automobilkonzern Volkswagen die Schließung ganzer Werke debattiert wird. Die Aufgabe der Revolutionäre ist es, diese Kämpfe international zu koordinieren und zu revolutionieren. Es gilt das System der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals ins Visier zu nehmen und die Kämpfe zum Klassenkampf zum Sturz der Herrschaft des internationalen Monopolkapitals höherzuentwickeln mit der Perspektive einer sozialistischen Gesellschaft, in der die Diktatur des Proletariats wirklich Demokratie und den Weg zum Kommunismus ermöglicht!
Lenin wies uns eindringlich darauf hin, dass alle diese Kämpfe nie im Rahmen ökonomischer oder politischer Tagesforderungen stecken bleiben dürfen.Das verbinden wir damit, den Sozialismus als einzige gesellschaftliche Perspektive aufzuzeigen.
Lenin sagte: »Die Arbeiter müssen um die Freiheit kämpfen, ohne auch nur einen Augenblick aufzuhören, an den Sozialismus zu denken, ohne aufzuhören, für die Verwirklichung des Sozialismus zu arbeiten …« (Lenin Werke Bd. 8, S. 505)
Liebe Genossinnen und Genossen!
Auch die weltweite kämpferische und proletarische Frauenbewegung ist eine starke Kraft im antiimperialistischen und gesellschaftsverändernden Kampf. Sie entwickelt sich allerdings widersprüchlich und ist durch die Tendenz zum Faschismus neu herausgefordert.
Der ICOR-Aufruf zum Internationalen Frauentag 2024 hatte den Titel: »Das Frauenbewusstsein ist international erwacht – für die Befreiung der Frau im echten Sozialismus!«: Darin heißt es:»Frauen stehen auf gegen Kriege und Krisen. … Das sind wichtige Signale in einer Situation der wachsenden imperialistischen Rivalität und der damit drohenden Weltkriegsgefahr und einhergehenden verschärften Kriegsgefahr an vielen Brennpunkten der Welt.«
Der barbarische Krieg Israels forderte bisher über 40.000 Tote, 70 % der Opfer in Gaza sind Frauen und Kinder. Die weltweite Solidaritätsbewegung mit Palästina ist geprägt von vielen jungen Frauen. Sie lassen sich nicht einschüchtern von zunehmender Repression und Kriminalisierung der Solidarität wie in den USA oder Europa. Die Guerillakämpferinnen der YJA Star und HPG leisten weiter Widerstand gegen die Besatzungstruppen und die Bedrohung von Rojava.6Südkurdistan wurde allein zwischen dem 27. und 31. August über fünfzig Mal von der türkischen Luftwaffe bombardiert. Gezielt werden Frauenaktivistinnen mit Drohnenangriffen ausgeschaltet (24.8.24 Silêmanî, Irak, zwei Journalistinnen)7. Die ICOR-Aktionen auf den Straßen von Nord- und Ostsyrien durch die revolutionäre kommunistische Bewegung (TKŞ) stärken die Arbeit für die Geschwisterlichkeit der Völker, besonders zwischen den arabischenundkurdischen Völkern und zeigen ein wichtiges Potenzial für die internationale Arbeit.
Auf afrikanischem Boden wurden seit jeher Stellvertreterkriege ausgefochten, verstärkt um Bodenschätze. Seit April 2023 tobt der Krieg im Sudan mit den derzeit meisten Vertriebenen weltweit. Russland und die Ukraine unterstützen je eine Seite mit Truppen und Waffen8. Mehr als 6,7 Millionen Frauen sind dort von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht, Vergewaltigungen sind Kriegswaffe – wie wir das auch im Kongo sehr stark erlebt haben. Rekordzahlen an Frauenmorden weltweit sind Ausdruck der Fäulnis des Imperialismus. Von Lateinamerika bis Indien entwickeln sich Proteste dagegen, zuletzt gegen den Mord an der indischen Ärztin in Kolkata. 2019 wurden 50 Aktivist*innen, die sich gegen Bergbauprojekte einsetzten, ermordet. Faschistische Regimes schaffen mit als erstes das Recht auf Abtreibung ab und legen sich mit der Frauenbewegung an. Der Protest dagegen erstarkt von den USA bis Polen. Als Reaktion entwickeln moderne Faschisten ihre sozialfaschistische Demagogie weiter. Die faschistische Partei AfD plakatiert in Deutschland »Die Freiheit der Frau ist nicht verhandelbar« – im Hintergrund sieht man eine Frau in Burka – und spielen sich dadurch ernsthaft als Verteidiger von Frauenrechten auf. Unter den faschistischen Regimes der Muhllas und Taliban kämpfen die Frauen Irans und Afghanistans mutig unter schwierigsten Bedingungen. Wo die Frauen- und Arbeiterbewegung sich eng durchdringen unter Führung der Revolutionärinnen und Revolutionäre entfalten sie ihr Potential.
Die über 4 Millionen überwiegend weibliche Textilarbeiterinnen in Bangladesch sind der Ausgangspunkt der Massenbewegung in Bangladesh, die den Sturz der faschistischen Ministerpräsidentin erreichte: Frauen von Religion bis Revolution, teils 15-Jährige, mit Todesverachtung bildeten fast die Hälfte der Protestbewegung, obwohl es sich um ein muslimisch geprägtes Land handelt.9Die Frauen aus diesen Brennpunkten der Welt müssen zusammenfinden in der Bewegung der Weltfrauen. Und vor allem müssen die Bewegungen erkennen, dass die wirkliche Befreiung der Frau unter feudaler, kapitalistischer und imperialistischer Herrschaft niemals erreicht werden kann. Im Wesentlichen sind die Frauenbewegungen der Welt jedoch auf die Verbesserung der Lage der Frauen, Gleichberechtigunginnerhalbdes bisher bestehenden Systems ausgerichtet. Auch die bürgerlichen Parteien, inzwischen sogar bis hin zu den Faschisten, behaupten frech, die Anliegen der Frauen wären bei ihnen in besten Händen und versuchen, sich an die Spitze der Frauenbewegung zu stellen. Der Demagogie und den Lügen des bürgerlichen und kleinbürgerlichen Feminismus muss man entschieden entgegentreten. Gleichzeitig eröffnet die besondere systemimmanente Unterdrückung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts quer durch alle Klassen und Schichten wichtige Bündnismöglichkeiten. Eine gemeinsame Bewegung kann ihr Potenzial jedoch nur im entschiedenen Kampf gegen jeden Führungsanspruch der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräfte entfalten. Es ist genau richtig, dass die ICOR Afrika nach ihrer erfolgreichen Mitarbeit an der dritten Weltfrauenkonferenz der Basis Frauen in Tunis ausdrücklich die Förderung der Weltfrauenbewegung zu ihrer Sache gemacht hat und die 4. Konferenz der afrikanischen Weltfrauen, die im Kongo stattfinden soll, fördert.
Liebe Genossinnen und Genossen,
allen Massenkämpfen und aufstandsähnlichen Zuständen der letzten Jahre war gemeinsam, dass sie eine politische und revolutionäre Gärung nicht in eine tatsächlich Revolution und sozialistische Bewegung höher entwickeln konnten. Eine wesentliche Bedingung dafür ist, dass die marxistisch-leninistischen Parteien und ihre länderübergreifende Zusammenarbeit noch entschieden zu schwach sind. Noch als Folge des revisionistischen Verrats und der Zerstörung aller früher sozialistischen Länder herrscht eine tiefe Spaltung und Zersplitterung der internationalen Bewegung, die sich als revolutionär versteht, vor. Es ist wichtig, dass wir uns ein Bewusstsein schaffen über die verschiedenen Strömungen.
Wir können es nicht hoch genug einschätzen, dass die ICOR heute in der Hauptseite sehr geschlossen ist und sich gründlich auf neue Erscheinungen und wesentliche Veränderungen vereinheitlicht.
Dagegen ist das Solid-Netzwerk International Meeting of Communists and Workers' Parties (IMCWP) tief gespalten. Auf ihrem ersten Treffen nach Beginn des Ukraine-Kriegs zeichnete sich dies durch die Verabschiedung zweier völlig konträrer Resolutionen ab. Die eine stellt sich voll hinter Russland, während die andere eher einen proletarisch-internationalistischen Standpunkt vertritt. Die revisionistischen Parteien wie die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) machen sich sogar regelrecht zum Handlanger von Putin.
Innerhalb Russlands gibt es eine bemerkenswerte Entwicklung einer Vereinigungsbewegung von Organisationen, die Kritik am Sozialchauvinismus haben, wozu eine Abspaltung der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei (RKRP) gehört, sowie ein Teil des Jugendverbands RKSM(b). Hier gibt es sicherlich immer noch große Differenzen zu vielen ICOR-Parteien über den revisionistischen Verrat am Sozialismus, aber auch Anknüpfungspunkte. Auch die RKRP vertritt nach Meinung vieler ICOR-Mitglieder objektiv einen sozialchauvinistischen Standpunkt, aber sie ist sehr an einer gründlichen ideologisch-politischen Auseinandersetzung interessiert und wird einen Videobeitrag zum Lenin-Seminar schicken und eine in Deutschland lebende Vertreterin beabsichtigt teilzunehmen.
Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) hat in Europa den Bruch mit der RKRP und anderen Parteien vollzogen und einen neuen Zusammenschluss gegründet – die European Communist Action. Das ist weiterhin ein Zusammenschluss auf revisionistischer Grundlage und es gibt prinzipielle Unterschiede zur ICOR. Auch kommt die KKE bisher nicht von ihrem hohen Ross herunter, pflegt ihre Arroganz gegenüber der ICOR und hat auch auf die Einladung zum Lenin-Seminar nicht reagiert. Angesichts der faschistischen Entwicklung in immer mehr Ländern eine unverständliche und ernsthaft zu kritisierender Haltung.
In der ICOR sind wir uns einig, dass der US-Imperialismus nach wie vor der Hauptaggressor in der Welt ist, aber keiner vertritt eine kriegerische Zusammenarbeit mit imperialistischen Ländern, die längst nicht mehr sozialistisch sind und die eigenen Arbeiter ausbeuten.
Kürzlich fand die Internationale Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen in Quito statt. Auch sie ist eine bedeutende Plattform, die auch großes Interesse am Lenin-Seminar zeigte und eine klare Positionierung zum Krieg zwischen Russland und Ukraine einnehmen. Ich hoffe, dass die Genossen der MLKP und der PCR Argentinien, die meines Wissen daran teilgenommen haben, uns etwas darüber etwas berichten können.
Auch die Zeitschrift Marksist Teori hat theoretische Seminare in der Türkei und in Deutschland durchgeführt zur weiteren Auseinandersetzung unter den Revolutionären.
Wie ihr wisst hat der ILPS die Zusammenarbeit zum Aufbau der United Front einseitig abgebrochen, worüber wir Publizität hergestellt haben und wie von der 4. ICOR-Weltkonferenz beschlossen, dann ohne ILPS daran weitergearbeitet. Das ist uns auch sehr erfolgreich gelungen.
Die Kommunistische Partei der Philippinen berichtet in ihren Veröffentlichungen über starken militärischen Druck und die Ermordung führender Kader. Sie haben auch zwei theoretische Seminare veranstaltet, an denen verschiedene ICOR-Parteien teilgenommen haben.
Die CPI (Maoist) Indien hat am 2. Juli ein Grundsatzinterview ihres Sprechers Amrut veröffentlicht. Demnach halten sie am langanhaltenden Volkskrieg fest und qualifizieren, dass sie sich derzeit in der strategischen Defensive befinden. 700.000 bewaffnete Kräfte sind brutal und konterrevolutionär gegen sie im Einsatz und es werden mehr, verbunden mit Sozialprogrammen nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche. Es gibt keine befreiten Gebiete, aber Basisgebiete in besonderen Guerilla-Zonen. Das Ziel der Operation Kagaar ist demnach die Auslöschung der Führung der Maoistischen Bewegung innerhalb von drei Jahren. Die Genossen qualifizieren Indien unter Modi als Brahmanen-Hindutva-Faschismus / Kompradorenbourgeoisie / Feudalfaschismus, der eine pro-imperialistische Politik aggressiver verfolgt. Sie sehen aber auch den indischen Expansionismus gegenüber Nepal, Sri Lanka und Myanmar.
Die kurdische Befreiungsbewegung führt einen heldenhaften Verteidigungskrieg. Seit dem Abkommen zwischen Erdogan und der irakischen Regierung bzw. der PDK-Führung in Erbil im April 2024 geht die türkische Armee brutal im Nordirak gegen die Kurden vor. Im Gegenzug für mehr Wasserdurchlass zu Euphrat und Tigris, sowie wirtschaftlicher Unterstützung darf die Türkei zwei gemeinsame Militärzentralen mit irakischen Militärs in Bagdad und in der Nähe von Mossul bauen. Zwei führende Guerilla-Kommandanten wurden ermordet. Der Sprecher der PKK, Karasu, berichtet, dass die Türkei nun nicht mehr nur aus dem Norden angreift, sondern auch aus dem Süden. Wir sollten Anstrengungen unternehmen die Bande zur ICOR wieder enger werden zu lassen. Das Projekt zum Wiederaufbau eines Krankenhauses in Gaza kann sicher auch von den Erfahrungen der ICOR-Brigaden in Kobane profitieren.
Insgesamt haben wir eine sehr bewegliche internationale Situation, in der massenhaft auch neue marxistisch-leninistische Gruppierungen entstehen, wie in den USA oder in China.
Liebe Genossinnen und Genossen!
In den Stürmen der Zeit sind die innere Geschlossenheit, die Verbindung mit den kämpfenden Arbeitern und Volksmassen und ihre koordinierte Organisationsarbeit der Garant für das Wachsen der ICOR.
»100 Jahre Lenin – das ist für uns ICOR-Organisationen Aufruf und Selbstverpflichtung für optimistische Tatkraft«haben wir zu Beginn diesen Jahres in unserer Resolution zum Lenin-Jahr geschrieben. In keiner Dreijahresperiode seit ihrer Gründung war die ICOR so allseitig herausgefordert wie in den letzten Jahren. Die allgemeine Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems, die zunehmende Gefährlichkeit in allen Kriegsbrandherden der Welt und die verschärfte faschistische Gefahr in vielen Ländern sorgen für sehr entfaltete und auch kontroverse Auseinandersetzungen in der revolutionären Weltbewegung und ihren verschiedenen Strömungen. Jede neue Entwicklung muss analysiert werden, jede praktische Entscheidung des Kampfes und der Solidarität muss strategisch und taktisch entschieden werden, um jede Erweiterung des Bündnispotenzials muss gerungen werden. Da gibt es keinen Selbstlauf. Die ICOR ist keiner Frage ausgewichen, wohl wissend, dass jede Vereinheitlichung, die wir heute erreichen, hart erkämpft werden muss, aber auch eine Investition in die Zukunft ist. Der stärkste Kampf gegen die Kriegsbrandherde ist aktuell die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf gegen den Genozid durch die zionistische israelische Regierung. Diese Bewegung müssen und werden wir entschieden weiter stärken. Aus diesem Grund haben wir einen ganzen besonderen Abend im Verlauf der nächsten Tage diesem Thema gewidmet.
In allen komplizierten Auseinandersetzungen, sei es bei Mitgliedsanträgen, bei Resolutionen, bei ICOR-Projekten, war es immer grundlegend, dass die ICOR an ihren Grundätzen und Prinzipien festgehalten hat, die eine proletarische Streitkultur, eine Arbeit auf Augenhöhe und die finanzielle Unabhängigkeit sichern. Je komplizierter die Fragen werden, je kontroverser natürlich die Diskussion verläuft, desto bedeutsamer wird die hohe Schule der proletarischen Streitkultur. Ich persönlich bin sogar der Meinung, dass diese Frage – in Inhalt und Methode – zur Schlüsselfrage dieser 5. Weltkonferenz wird. Denn die brennenden Themen der Zeit, die kontroversen Fragen können niemals schwarz oder weiß, sondern nur differenziert geklärt werden. Das erfordert ein hohes Maß an Beherrschung der dialektischen Methode, aber auch an gegenseitigem Respekt und Vertrauen, an Solidarität und engsten Schulterschluss gegenüber den Feinden der ICOR.
In diesem Zusammenhang haben wir uns auf unserer Konferenz sicherlich auch zu positionieren gegenüber den sogenannten »Polemiken« einiger führender Genossen der ICOR-Partei CPI (ML) Red Star. Viele von euch haben sich bereits positioniert in dieser Auseinandersetzung, in der hauptsächlich die Prinzipien der ICOR, das ICC, die MLPD und ich als Hauptkoordinatorin angegriffen werden. … Ihr habt die Antworten auf die »Polemik …« einer ICOR-Partei von ICC und MLPD erhalten und konntet sie sicherlich schon studieren. Wir werden hier ebenso sachlich wie freimütig über diese Problematik diskutieren, uns positionieren und Schlussfolgerungen ziehen. Gerade auch hier ist unsere proletarische Streitkultur, die sich durch Prinzipienfestigkeit und Sachlichkeit auszeichnet besonders gefragt. Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass jeder von euch Einblick in alle Hintergrunddokumente nehmen kann, wenn das gewünscht ist.
Liebe Genossinnen und Genossen,
um die Herausforderungen der Zeit an der ganzen Bandbreite annehmen zu können muss die ICOR, muss unsere Koordinierung und Kooperation eine neue Quantität und Qualität erreichen. In der Kooperation, die sich auf gemeinsame Prozesse und Kampfaufgaben bezieht und in der Koordinierung langfristiger Kampagnen und Aufbauprojekte.
In seinem Impulsbeitrag für das … Lenin Seminar schreibt der Genosse M.B. Singh von der NCP (Mashal), der mit seinen 90 Jahren zugleich sozusagen unser Alterspräsident ist: »Wir sind davon überzeugt, dass diese große Waffe, die von Lenin hinterlassenen Organisationsprinzipien, uns nicht nur in die Lage versetzen würden, die kommunistische Weltbewegung zu stärken, sondern auch das verlorene sozialistische System in der Welt wiederherzustellen und es zu einer siegreichen Weltordnung zu machen.« (NCP (Mashal), M.B. Singh, Lenin und der Parteiaufbau, Nepal, 30.08.2024)
Dieser Gedanke ist eine ausgezeichnete Leitlinie für die vor uns stehenden Beratungen. Proletarier aller Länder vereinigt euch! Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch! Vorwärts mit der ICOR, vorwärts zum Sozialismus!
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich bedanke mich für eure langanhaltende Aufmerksamkeit und erkläre hiermit die 5. Weltkonferenz der ICOR für eröffnet.
1 diese und folgende Zahlen nach Analysen der GSA e.V.
2Sipri, CEM
3 Argentinien, China, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Russland, Saudi Arabien, Türkei
4Statistik der GSA
5 Lenin Werke Bd. 8, Seiten 423 (zitiert aus Sammelband des Marxismus – Leninismus 1)
6https://anfdeutsch.com/kurdistan/guerilla-schlagt-in-heftanin-metina-und-zap-zu-43439 31.08.24
7Gülistan Tara und Hêro Bahadîn
8DDARYA FALL auf Pressenza am 24.08.24
9SPIEGEL online, Interview August 2024 mit Maheen Sultan, Dhaka